Die 7-Punkte-Routine für Text- und Packmuffel
Urlaube sind toll! Allerdings sind sie auch mit einem gehörigen Stück Arbeit verbunden. Denn vor Entspannung und Erlebnisse hat der liebe Gott das Kofferpacken gesetzt. Also den Part, wo ich entscheiden muss, was ich mitnehme. Je kleiner der Koffer, desto größer die Herausforderung, alles unterzubringen. Als ich kürzlich für eine Frankreichreise packte und mal wieder vor einem Stapel Klamotten hockte, fiel mir auf: Schreiben ist wie Kofferpacken! Hier meine Gedanken zur Schreibroutine als kleine Urlaubslektüre.
Ich hasse Packen! Ganz ehrlich, danach bin ich urlaubsreif. Denn ich brauche immer ewig dafür und das nervt. Ich freue mich aber wie Bolle, wenn ich alles unterbringe und dann endlich im Auto, Zug oder Flieger sitze. Und am Zielort merke, dass ich nichts vergessen habe, nicht friere und gut ausgestattet bin. Dann kann ich den Urlaub in vollen Zügen genießen. Ausnahme: Bahnreisen. Da geht das meist auch schon vor der Ankunft!
(Ihr könnt die Füße wieder runternehmen; der Flachwitz ist durch.)
Aus Berichten von Kunden weiß ich: Was für mich das Packen, ist für andere das Texten. Allein der Gedanke, einen Sachverhalt oder ein Anliegen in Worte fassen zu müssen, löst bereits Stress aus. Beim Schreiben gehen viel Zeit und Nerven drauf. Und im schlimmsten Fall klingt das Ergebnis holprig und total daneben.
(Schreib)Routinen helfen
Wer ums Texten nicht herumkommt, kann versuchen, es zu erlernen. Gut funktionierende Abläufe und Tricks münden vielleicht in einer Strategie, mit der die Arbeit leichter von der Hand geht. Analog dazu habe auch ich mir eine Routine zugelegt, mit der ich dem Packen den größten Schrecken nehme und ein für mich zufriedenstellendes Ergebnis erhalte.
Werde ich deshalb zum Packmeister? Wohl kaum. Da könnte ich mir zum Beispiel bei dieser Expertin noch eine Menge abgucken. Und würdet ihr meinen Schatz fragen, der seine Urlaubsausstattung in Windeseile, zielsicher und passgenau in einer Tasche von übersichtlicher Größe verstaut, bekäme ich wohl nur durchschnittlich gute Noten. Er hat den Dreh eben einfach raus …
Meine 7-Punkte-Schreibroutine
Dafür geht mir das Texten in der Regel gut von der Hand und macht auch deutlich mehr Spaß. Gott sei Dank, sonst hätte ich den falschen Beruf ergriffen! Wie es der Zufall will, gibt es in meiner Schreibroutine aber einige Parallelen zum Verreisen. In diesen 7 Punkten ist Texten wie Kofferpacken:
1. Recherche
Was das Packen betrifft, so würde ich die Sache am liebsten schnell hinter mich bringen, ein paar Teile schnappen und los. Aber dann stehe ich nachher womöglich mit Streifenhose und Punkteshirt da und gucke dumm aus der Wäsche. Genau wie das Schreiben braucht der Urlaub einige Vorbereitung, wenn er schön werden soll.
Also gucke ich: Was erwartet mich am Urlaubsort? Wie wird das Wetter? Was kann ich unternehmen? Brauche ich festes Schuhwerk, Badesachen, einen Mantel? Kann ich mich abends noch luftig bekleidet ins Restaurant setzen? Muss ich bestimmte Outfits einpacken, weil ich zu besonderen Veranstaltungen möchte?
Auch die Schreibroutine starte ich mit einer Recherche. Dazu gehört, dass ich mit meinen Kundinnen und Kunden spreche. Ich frage gezielt nach Werten, Vorstellungen und Anforderungen sowie natürlich nach den jeweils vom Thema abhängigen wichtigen Aspekten.
Während dieses Briefings lässt sich übrigens auch vieles zwischen den Zeilen erfahren, und ich kann es durch Nachhaken konkretisieren. Dabei kommen oft neue Ideen oder Ansätze heraus, die vielleicht sogar noch besser funktionieren. Am besten funkt es, wenn mein Gegenüber locker, humorvoll und offen ist.
2. Stoffsammlung
Die Ergebnisse aus Recherche und Briefing verwandele ich in eine Stoffsammlung. Vor einer Reise sogar ganz wortwörtlich: Ich gehe an meinen Kleiderschrank und werfe alle Klamotten, die mir passend erscheinen, auf einen großen Haufen. UFF!
3. Gliederung
Jetzt muss da Struktur rein. Was bei der Schreibroutine die Gliederung am roten Faden ist, den das Thema vorgibt, ist beim Packen das Zuordnen von Kleidungsstücken nach Anlässen und Outfits. Was kann ich wie möglichst clever kombinieren? Beim Schreiben außerdem: In welcher Reihenfolge vergebe ich die Informationen? Schließlich soll es nicht nur schlüssig, sondern auch spannend sein. Unterhaltsame Texte sind nachhaltiger als langweilige!
4. Kill Your Darlings
In der Regel bleibt beim Sortieren etwas über. Die Farbe eines Shirts passt nicht zum Rest der Kleidung. Das extra Paar Schuhe wäre zwar nice to have, aber ich weiß genau, die entsprechende Lücke im Koffer geht für den Kulturbeutel drauf. Seufz. Naja. Vermutlich würde ich die Treter eh nicht anziehen.
Im kreativen Prozess nennt man dieses Aussortieren geliebter, aber letztlich überflüssiger Elemente „Kill Your Darlings“. Ich töte meine Liebsten. Ich streiche einen Absatz und beim Packen auch mal zwei und bringe das schöne Paar Schuhe schweren Herzens um die Ecke. Also zurück in den Schrank. Grausam!
5. Ab in den Koffer!
Jetzt erst – und für manche vielleicht überraschend – geht es so richtig ans Schreiben bzw. Packen! Eigentlich ein Bruchteil der ganzen Schufterei. Will ich im Koffer möglichst viel unterbringen, um vor Ort flexibler zu sein, rolle ich die Kleidung und ordne sie kompakt an. Das ist etwas fummelig, im Urlaub dafür komfortabler.
Auch beim Schreiben kriege ich durch präzise Formulierungen mehr Informationen unter. Das ist umso wichtiger, wenn die Textlänge begrenzt ist. Das Feilen ist oft zeitaufwendig, erfordert Erfahrung und ein gutes Sprachgefühl. Weshalb – nebenbei bemerkt – kompakte Texte in die Königsklasse gehören und keine Billigprodukte sind. Schließlich soll sich das Ganze immer noch schön anhören und einen Mehrwert bieten!
6. Check
Heureka, der Koffer geht gerade noch zu, und der Text hat auf die Zeichenzahl die richtige Länge! Ein Gefühl von wohliger Zufriedenheit stellt sich ein. Jetzt kommt die Gretchenfrage: Habe ich auch nichts vergessen?
In meiner Schreibroutine gehe ich nochmal zurück an den Anfang. Ein letzter Blick auf meine Stoffsammlung und die wichtigen Punkte, die ich mir im Briefing notiert habe, verschafft Sicherheit. Und ich lese natürlich nochmal drüber über den Text.
Für Reisen habe ich eine allgemeine Packliste, wo alles draufsteht, was man im Urlaub so brauchen könnte. Spätestens jetzt merke ich, ob etwas fehlt. Alles drin? Und auch keine unerlaubten „Flüssschkeiten“ im Handgepäck? Dann kann’s ja losgehen!
7. Abnahme
Wer keine Kofferwaage zuhause hat, muss sich beim Gewicht auf sein Gefühl verlassen und wird bei Flugreisen einen verstohlenen Blick auf die Waage am Schalter werfen, wenn das Gepäck aufs Band geht. Die freundliche Dame vom Bodenpersonal lächelt und wickelt den Aufkleber um den Griff? Dann ist wohl alles in bester Ordnung.
Auch die Schreibroutine endet mit einer Abnahme. In der Regel, so darf ich stolz sagen, wird hier ebenfalls freundlich genickt, weil wir uns ja vorher gut abgesprochen haben. Für kleinere Änderungen ist eine Korrekturschleife im Preis enthalten. So, wie ich im Zweifelsfall noch den dicken Pulli und die Jacke aus dem Koffer holen könnte und die schwereren Schuhe anziehen, sollte ich mal ein bisschen „drüber“ sein.
Die Sache mit den annullierten Flügen …
Übrigens: Kunden, die hier mit dem Feedback auf sich warten lassen, sind wie die Airline, die mich während meiner oben erwähnten Frankreichreise hat hängen lassen. Da wurde nämlich der Rückflug kurz vor knapp gestrichen und ich steckte nachts in Marseille fest. Am nächsten Morgen ging es mit dem Bus nach Nizza. Von dort nach Frankfurt. Und von Frankfurt nach Düsseldorf, wo ich erst abends ankam. Das wäre auch nur halb so tragisch gewesen, wenn ich an dem Tag nicht Geburtstag gehabt hätte! In Düsseldorf warteten liebe Menschen, die mit mir feiern wollten. Und der ganze Plan war im Eimer.
Auch beim Schreiben mache ich mir einen Zeitplan. Das nächste Projekt steht schon in den Startlöchern, wenn ein Text fertig ist. Es gibt immer genug zu tun, denn Freelancer haben in der Regel keine Langeweile! (Jawoll, wir entlarven hier ganz nebenbei ein paar doofe Glaubenssätze.) Bleibt die vereinbarte Rückmeldung aus, kommt die Schreibroutine durcheinander. Irgendwer guckt dann mit Sicherheit dumm aus der Wäsche, weil der Plan im Eimer ist … Deshalb gilt immer meine herzliche, dringende Bitte: Gebt rechtzeitige Feedbacks!
Hilfe, der Koffer geht nicht zu!
Bleibt noch die Frage, was ich mit Sonderfällen mache? Manchmal kann es ja sein, dass ich trotz sorgfältiger Überlegung und aller Routine immer noch zu viel Zeugs habe. Dann gibt es nur eine Lösung: Ich verteile die Ausstattung für meine diversen Aktivitäten auf mehrere Koffer. Das Packen wird leichter, der Flugpreis dafür etwas teurer. Denn jedes weitere Gepäckstück kostet extra. Andererseits ist es wiederum einfacher, mehrere kleinere Koffer zu tragen, als sich an einem dicken Kaventsmann einen Bruch zu heben.
Entsprechend rate ich auch potenziellen Kunden und Auftraggebern, die verschiedene Themen ansprechen möchten, diese lieber auf mehrere Texte zu verteilen. OK, mein Honorar fällt dann höher aus. Aber hey, wer will schon seine Leser mit Informationen erschlagen, verwirren und dann im Regen stehen lassen?! Sinnvolle, gut strukturierte Häppchen sind nicht nur weniger anstrengend, auch die Botschaft bleibt besser hängen.
Dicke Koffer, starke Männer
Wenn die Zeit knapp ist, macht ein kürzerer Text mehr Lust aufs Lesen als ein dicker Wälzer – genau so, wie ich lieber mit einem Köfferchen in den Urlaub starte als mit einem schweren Brummer, den ich kaum heben kann. Es sei denn, ich vertraue auf starke Männer in meiner Umgebung. Solche, die galant anbieten, das Trumm ins Gepäckfach zu bugsieren. Wie der charmante Franzose im Zug nach Marseille, der 17 Kilo mit links wuppte. Oh, là, là!
Auch lange Texte (so wie dieser hier) sind nicht per se schlecht. Im Gegenteil! Werden sie bis zum Ende gelesen (yeah, du bist schon bis hier unten gekommen!), führt das zum Beispiel auf einer Website zu einer längeren Verweildauer. Dann freut sich die Suchmaschine und damit auch der Besitzer der Seite (also icke). Voraussetzung ist allerdings nicht nur ein fesselndes Thema, dessen Vermittlung einen Mehrwert bietet, sondern auch eine gute Struktur (scheint zu passen, wenn du das hier liest). Doch das, liebe Leute, ist ein Artikel für sich …
Packservice
Ich mache jetzt den Sack zu mit einer frohen Botschaft an alle Textmuffel: Mit meiner Schreibroutine übernehme ich gerne das „Packen“ für euch, damit ihr direkt und ganz entspannt in den „Urlaub“ starten könnt. Also in den Teil, wo mein Text euren Leserinnen und Lesern Spaß macht, ohne dass ihr dafür einen Finger krumm machen oder über dem weißen Blatt hirnen müsstet. Klingt gut? Dann …
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