Tini geht auf „Schnupperkurs“
Hurra, endlich wieder Möbelmesse in Köln! Nach drei Jahren Pause meldete sich die imm Cologne mit einer abgespeckten Sonderedition zurück. Und das – ganz ungewohnt – bei schönstem Sommerwetter, das zum Netzwerken bei kühlen Getränken nach draußen lockte. Vom 4. bis 7. Juni bot die imm Spring Edition nicht nur einen Einblick in aktuelle Kollektionen und Trends, sondern informierte auch zu Themen wie Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit. Zu den Highlights zählte außerdem ein neues Ausstellungskonzept. Neugierig ging ich am Messemontag auf Entdeckungstour. Und nach knapp 20.000 Schritten hatte ich nicht nur meine Schuhe zerlegt, sondern auch eine Idee …
Rund 720 Aussteller aus 43 Ländern waren zur imm Spring Edition gekommen, darunter 86 deutsche Unternehmen. Besonders auffällig war die hohe Beteiligung aus Asien mit über 300 angereisten Produzenten. Das Angebot zog laut Presseinformation rund 30.000 Besucher aus 116 Ländern in die Hallen der koelnmesse, mit einem Auslandsanteil von 52 Prozent.
Das kompakte Event sollte positive Signale setzen in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Seit April ginge die Frequenz in den Möbelhäusern deutlich zurück, sagte BVDM-Präsident Markus Meyer. Während die Hersteller von Küchen-, Polster- und Büromöbeln im ersten Quartal nicht zuletzt dank Auftragsüberhängen aus dem Vorjahr noch zugelegt hätten, verzeichneten andere Sparten bereits Rückgänge, hieß es aus den Verbänden bei einem Pressegespräch vor Messestart. Besonders hart getroffen habe es die Matratzenindustrie.
Fläche für gebeutelte Matratzenindustrie
Umso besser, dass auf der imm Spring Edition ein eigener Bereich dem erholsamen Schlaf gewidmet war. In der Themenwelt „Home Sleep“ in Halle 9 präsentierten Aussteller nicht nur Innovationen rund ums Bett. Im Zentrum lud die Sleep Lounge mit einem Café und abgetrennten Bereichen zum Arbeiten und Netzwerken ein. Mitglieder des Fachverbandes Matratzen-Industrie e.V. freuten sich auf den Austausch mit Besuchern. Ich verschaffte mir einen Überblick und zog weiter.
Home Settings und Home Scenes
Etwas kleinteiliger ging es im Bereich Wohnen zu. Schon bei der Vorbereitung auf den Messebesuch wollte sich mir der Unterschied zwischen „Home Settings“ und „Home Scenes“ nicht so recht erschließen. War das nicht annähernd das Gleiche? Ein Blick in die Beschreibung zeigte, dass dieser Gedanke gar nicht so abwegig war: Beide Themenwelten offerierten Sitzgarnituren, Sessel, Liegen, Einzelsofas, Funktionscouches sowie Möbel fürs Schlaf- bzw. Esszimmer.
Bei den Home Settings in den Hallen 5.1, 5.2 und 6 ginge es jedoch um „clevere Möbel für junges Wohnen“ mit einem Fokus auf Mitnahmemöbeln. Die Home Scenes in 10.1 und 10.2 dagegen böten „moderne Möbel für gehobenen Wohnkomfort“ und „Inspiration für Lifestyle-orientierte Wohnwelten“. Ich übersetzte für mich wie folgt: Möbel von der Stange zum kleineren Preis vs. tiefer in die Tasche greifen für mehr Individualität und Design.
Randnotiz: Während ich am Artikel über die imm Spring Edition arbeite, finde ich die obige Hallentrennung auf den Webseiten der Messe nicht mehr wieder – von der ich schwören könnte, dass sie bei der Recherche noch da war! Ich hatte mir ja extra die Quellen angeguckt, um sie zu verlinken. Vielleicht war die Verwirrung doch gerechtfertigt? Sie ist jedenfalls wieder da. Es macht ja absolut keinen Sinn, unterschiedliche Konzepte in fünf Hallenbereichen zu mischen …
Junges Wohnen für Mensch und Tier
Wie dem auch sei: Bei den Home Settings – und ich leg da jetzt mal die obige Zuordnung zugrunde, damit ihr wisst, wo ich gedanklich gerade laufe – sah ich vor allem einfache Sitzmöbel. Für Zweibeiner, wohlgemerkt. Denn auch Kratzbaumwelten für abenteuerlustige Katzen sind mir in Erinnerung geblieben.
Das meiste wirkte praktisch und zeitlos. Zu den Highlights gehörte für mich ein größerer Bereich mit Ausstellern aus der Ukraine. Hier gab es eine bunte Mischung interessanter Objekte. Ich sah rege kommunizierende Menschen unter blau-gelben Lettern: „Stand with Ukraine“, las ich dort. Daran kann man nicht oft genug erinnern!
Zwischen den ansonsten überwiegend zweckmäßig gestalteten Ständen (Euphemismus für „schmucklos aufgereihte Möbel vor grauer Stellwand mit Logo“) legten Lücken nahe, dass es Aussteller vereinzelt nicht zur imm Spring Edition geschafft hatten. Voll gebucht schienen die Hallen übrigens insgesamt nicht. Wer aber gezielt auf der Suche war, bekam denke ich genügend Auswahl.
Aktuelle Trends
Bei den Home Scenes wirkte das Angebot deutlich komplexer. Zu Stühlen gesellten sich vermehrt Sessel und Sofas. Es fanden sich Lampen, Teppiche, bunte Bilder und allerlei weitere innovative Accessoires und Möbel. Hier wie auch in den neu konzipierten Pure Galleries, wo sich auf kompakten Ständen vor allem die Big Player der Branche tummelten, waren aktuelle Trends deutlich zu erkennen:
Oberflächen aus Samt oder Cord laden zu kuscheligen Stunden im Sessel oder auf dem Sofa. Man findet Weiß und Beige in allen Schattierungen, aber auch Grau und pudrige oder erdige Töne. Farbtupfer kommen vereinzelt über (Rost)Rot, Currygelb und Dunkelblau. Sattes Grün ist ebenfalls beliebt. Und ob Sitzmöbel, Sideboard oder Schrank: Es überwiegen einfache, reduzierte Formen und klare, schlanke Linien. (Multi)Funktionalität trifft auf Komfort.
Über allem schwebt außerdem ein Hauch von Handwerk, sei es angesichts grob gewebter Stoffe oder pfiffiger Ideen. Zum Beispiel die, Möbel aus flexibel kombinierbaren symmetrischen Holzelementen zu bauen, die die Form eines Bumerangs haben:
Weiterhin im Trend sind Anbieter aus Asien, die derart über und in ihr Smartphone versunken sind, dass sich mir vom Hinsehen der Nacken verspannt und ich mir reflexartig die Brille zurechtrücke. Ich frage mich, wie bei derlei körpersprachlicher Zurückhaltung die bei solchen Veranstaltungen essenzielle Kommunikation zustande kommt? Vielleicht spielen Interessierte hier das „Kann-ich-Ihnen-helfen-Riff“?
Verkäufer, die rüde das Lasso schwingen, sobald man den Stand betritt, sind zwar auch nicht so mein Ding, aber immerhin haben sich da auch schon gute Gespräche ergeben. Ein freundliches Lächeln und Blickkontakt sind – jedenfalls für mich – ein gelungener Einstieg.
Nachhaltigkeit als roter Faden
Naturmaterialien, Recycling und nachwachsende Rohstoffe – auch sie zogen sich wie ein roter Faden durch die Messe. Der „imm Spring Edition Summit“ lieferte als Kongress am ersten Messetag sogar ein eigenes Forum zum Thema Kreislaufwirtschaft. Abgerundet wurde das Programm durch Live-Talks.
An einem Stand wurde die Verbindung von Naturmaterialien und Handwerk besonders eindrucksvoll umgesetzt. Wimmer kombiniert in einer neuen Kollektion Massivholz und Lehm. In die Felder mit dem von Hand aufgestrichenen Material werden Abdrücke von Pflanzen eingearbeitet. Unumstritten eines der Highlights auf der Messe.
Alte Hasen …
Um Nachhaltigkeit ging es auch bei „Design for Decades“ im Zentrum der Pure Galleries. Kuratiert hatte die Ausstellung Dick Spierenburg, Director der imm Spring Edition. Gezeigt wurden Design-Klassiker, die zehn Jahre oder länger auf dem Markt sind. Als zeitlose Liebhaberstücke wechseln sie zuweilen die Besitzer – auch das ein Weg, Ressourcen zu schonen.
… und junge Hüpfer
Newcomer hatten auf der Sonderedition der Messe aber auch ihren Platz. Mit am spannendsten fand ich bei meinem Besuch die innovativen Startups aus Deutschland, deren Teilnahme vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert worden war. Mal in die imm Spring Edition reinzuschnuppern, bekam hier eine ganz neue Bedeutung. Denn ich habe erstmalig tatsächlich an Möbeln geschnuppert!
Ich liebe es, mit wie viel Herzblut die Gründer von ihren Babys erzählen. Bei Happy Lamps zum Beispiel erfuhr ich dabei zunächst, wie schwierig es gewesen war, die witzigen Leuchten überhaupt auf den Markt zu bringen. Mein Herz schlug höher. Herausforderungen und der Stolz, sie gemeistert zu haben, sind Stoff für tolle Geschichten. Und ich würde sie gerne erzählen.
Eine Idee ist geboren
Seitdem lässt mich die Idee nicht los, serienmäßig von Unternehmen zu berichten, die mit innovativen oder besonders schönen Produkten den Markt bereichern. Eine kleine Liste hätte ich schon im Kopf. Mehr Input kommt spätestens bei der nächsten regulären imm, die vom 14. bis 18. Januar 2024 stattfindet.
Die neue Serie in Eigenregie umzusetzen, wäre andererseits mit Kosten verbunden. Am liebsten würde ich natürlich vor Ort recherchieren, was auch zeitintensiv ist. Deshalb habe ich eine Bitte: Schreibt mir doch mal in die Kommentare, ob euch ein Format mit Portraits von Startups und anderen subjektiv ausgewählten, inspirierenden Herstellern interessiert. Und ob ihr bereit wärt, so etwas mit kleinen Geldbeträgen zu unterstützen.
Ich bin gespannt!
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